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Parlamentswahl in Hongkong nur mit vorher geprüften "Patrioten" als Kandidaten
Eineinhalb Wochen nach der Brandkatastrophe in einem Wohnkomplex in Hongkong mit mehr als 150 Toten waren die Menschen in der chinesischen Sonderverwaltungszone am Sonntag zu den Wahlurnen gerufen. Sie sollten über das neue Stadtparlament entscheiden, für das allerdings nur vorher geprüfte "Patrioten" kandidieren durften. Kritik am Umgang mit der Brandkatastrophe Ende November war von den Behörden in den vergangenen Tagen massiv unterdrückt worden.
Vorläufigen Zahlen der Wahlbehörde zufolge gaben im Laufe des Tages knapp eine Million der 4,1 Million registrierten Wählerinnen und Wähler ihre Stimmzettel ab. Am Morgen hatte Hongkongs Regierungschef John Lee die Bevölkerung noch nachdrücklich aufgefordert, auch mit Blick auf die Brandkatastrophe zur Wahl zu gehen. Jede Stimme sei "eine Stimme für Reformen und zum Schutz derjenigen, die von der Katastrophe betroffen sind", sagte Lee nach seiner Stimmabgabe vor Journalisten.
Der Regierungschef hatte zuvor eine von Richtern geleitete "unabhängige Kommission" angekündigt, die den Brand untersuchen soll. Kritik an Regierung und Behörden im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe wurde massiv unterdrückt, unter anderem durch die Festnahme von Aktivisten, die Aufklärung über die Sicherheitsmängel an den in Brand geratenen Hochhäusern forderten.
Als Reaktion auf pro-demokratische Massenproteste in der Metropole hatte die Führung in Peking 2021 das Wahlrecht für Hongkong geändert. Damit sollte sichergestellt werden, dass nur "Patrioten" bei Wahlen antreten können. Am Sonntag wurde nun die zweite Gruppe von Abgeordneten nach den neuen Regeln gewählt, wobei weniger als ein Viertel der Kandidaten direkt bestimmt werden konnte. 161 von der Regierung geprüfte Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich zur Wahl. Die beiden größten pro-demokratischen Parteien waren darunter jedoch nicht vertreten.
Die Sonderverwaltungszone Hongkong galt bis vor wenigen Jahren als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Seit Peking im Jahr 2020 das sogenannte Nationale Sicherheitsgesetz erließ, gehen die Behörden aber massiv gegen pro-demokratische Aktivisten und andere Peking-kritische Stimmen vor.
Bei den ersten Wahlen nach dem neuen "Patrioten"-System im Dezember 2021 war die Wahlbeteiligung mit 30 Prozent so niedrig wie nie zuvor. Vor der aktuellen zweiten Wahlrunde hatte die Stadtverwaltung massive Wahlwerbung betrieben, um für eine hohe Beteiligung zu sorgen. Eine offizielle Wahlpflicht bestand allerdings nicht.
E.Qaddoumi--SF-PST